Geschichten aus dem Arbeitsalltag
Jedes Unternehmen hat Geschichten zu erzählen, und viele tun es bereits – bei Instagram und Facebook, in Kunden- oder Mitarbeitermagazinen. Die Verfasser:innen dieser Storys aus dem Unternehmensalltag kommen oft aus den unterschiedlichsten Abteilungen, und sie bringen unterschiedliche Voraussetzungen für das Schreiben dieser Texte mit. Längst nicht alle haben gelernt, was einen guten Text von einem schlechten unterscheidet, und das ist okay – normalerweise erfüllen sie im Arbeitsalltag andere wichtige Aufgaben. Aber: Wer sich schon die Mühe macht, einen Text zu verfassen, der möchte, dass er gelesen wird. Wenn man dabei zumindest ein paar handwerkliche Grundkenntnisse anwendet, dann gewinnt das Ergebnis vielleicht immer noch nicht den Deutschen Reporterpreis – aber es macht Spaß, den Text zu lesen, oder bietet zumindest einen gewissen Mehrwert. Deshalb:
Der Tipp aus der Satzkiste: „Wie?“ statt „Was?“
Am Montag, den 6. Oktober ging es für die Personalabteilung auf den Seeberg zum Teambuilding. Wir haben sehr viel über ein gutes Miteinander gelernt und hatten jede Menge Spaß in der Natur.
Die wichtigsten Informationen sind da: Es gab einen Ausflug, bei dem es um Teambuilding ging, die Teilnehmer:innen waren dabei an der frischen Luft. Das „Was?“ ist also geklärt. Aber: Leser:innen erfahren dabei nichts über das „Wie?“: Wie sah es aus auf dem Berg, wie war das Wetter? Dabei entstehen Bilder im Kopf, die den Text sehr viel lesenswerter machen. Es muss ja keine seitenlange Ode an Mutter Natur werden. Mach die Augen zu, erinnere dich an den Ausflug, beschreibe ein wenig von dem, was du siehst. Aber vor allem: Wie haben die Teilnehmenden etwas über ein gutes Miteinander gelernt? Wie sahen die Übungen denn konkret aus? Mit der genaueren Beschreibung einer solchen Übung hätte man der Leserschaft einen deutlich größeren Mehrwert geboten.
Die Sonne lacht vom Himmel und ein Adler kreist über den hohen Tannen am Wegesrand, als wir über den holprigen Waldweg dem Gipfel des Seebergs entgegenstapfen: Am 6. Oktober stand für die Personalabteilung ein Ausflug zum Thema Teambuilding auf dem Programm.
Nachmittags haben wir uns der Marshmallow-Challenge gestellt: Aufgeteilt in zwei Teams sollten wir jeweils aus 20 Spaghetti, einem Marshmallow und einem Meter Kreppband einen Turm bauen, an dessen Spitze der Marshmallow sitzen sollte – der höchste Turm, der frei steht, würde gewinnen. Es hat Spaß gemacht, gemeinsam nach einer Lösung zu suchen, und uns ist noch einmal klar geworden: Nur, wenn wir miteinander reden und alle ihre Stärken einbringen können, kommen wir zum bestmöglichen Ergebnis.
Schreiben liegt nicht jedem und jeder, und natürlich gibt es Themen, bei denen das „Wie?“ nicht ganz so leicht fällt wie bei der Erinnerung an einen gemeinsamen Ausflug. Ein Beispiel wäre eine technische Neuerung, die die Entwicklungsabteilung für die anderen Kolleginnen und Kollegen zusammenfassen soll.
Wir haben große Fortschritte in Sachen Serienreife für unser XYZ300-Pleuel erreicht. Wenn die Tests weiterhin so erfolgreich verlaufen, können wir voraussichtlich im zweiten Quartal 2021 damit in Serie gehen.
Zugegeben: Ich weiß selbst nicht sehr viel über Pleuel. Es wäre natürlich wünschenswert, wenn alle Mitarbeitenden Grundkenntnisse über die technischen Hintergründe der Produkte hätten, die ihr Unternehmen verkauft. Aber es hilft ja vielleicht doch Susi aus der IT oder Matze in der Buchhaltung, wenn es hier ein bisschen konkreter wird, ohne gleich der Industriespionage Tür und Tor zu öffnen. WIE wird dieses Bauteil eingesetzt, WIE sieht der Fortschritt etwas konkreter aus?
Wir haben große Fortschritte in Sachen Serienreife für unser XYZ300-Pleuel erreicht. Das Pleuel verbindet die Kurbelwelle mit dem Kolben. Bislang waren wir mit dem Verschleiß dieses Bauteils nicht zufrieden – nun haben wir eine Lösung für dieses Problem gefunden. Wenn die Tests weiterhin so erfolgreich verlaufen, können wir voraussichtlich im zweiten Quartal 2021 damit in Serie gehen.
Das „Wie?“ gewinnt – auch anderswo
Die Frage nach dem „Wie?“ lässt sich übrigens auch auf andere Bereiche übertragen – zum Beispiel bei der Beschreibung von Dienstleistungen auf einer Homepage.
Statt:
Wir bieten individuelle Kundenlösungen.
Besser:
Wir fertigen Sonnenschirme in genau der Größe, die Sie brauchen – vom kleinen Sonnenschirmchen für die Puppenstube bis zum Riesenschirm für 50 Personen. Wir bauen Sonnenschirme aus Wackelpudding, Beton und allem, was Ihnen sonst noch in den Sinn kommt. Wir bedrucken den Sonnenschirm mit dem Gesicht Ihrer Schwiegermutter oder den Fingerabdrücken Ihrer Kinder.
Viel Spaß beim Schreiben wünscht
Christina Spill
Bildquellen
- Wie statt Was neu: Bildrechte beim Autor