Kein Content ohne Content
Es eilt, am besten soll der Text morgen schon fertig sein. Ein kurzes Motivationsvideo für neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist in Arbeit, sie sollen mitgerissen werden, sich begeistern, Bock haben, sich so richtig für die Firma ins Zeug zu legen. Starke Bilder, starker Text. Klar. Aber: Der Fragebogen, der als Grundlage dient, kommt nur halb ausgefüllt zurück. An der Stelle, an der um eine Kurzbeschreibung des Unternehmens gebeten wird, steht nur der Link zur Unternehmenswebsite. Keine Antwort darauf, wie der Ton im Unternehmen ist, ob man siezt oder duzt, ob es locker und humorvoll sein darf oder eher faktenbasiert, sachlich. Wo ich nach bislang Erreichtem frage, lese ich eine bloße Produktauflistung. Aber: Was haben diese Produkte bewirkt? Wem nützen sie? Wie viel Umsatz wurde damit generiert? Ähnliches bringt der Blick auf die Frage nach Plänen für die nahe Zukunft – ebenfalls nur eine Liste geplanter Produkte, die 2021 auf den Markt kommen sollen. Gekrönt wird das Ganze mit dem Hinweis in einer kurzen E-Mail, man habe jetzt auch keine Zeit mehr für Rückfragen, ich solle bitte einfach was Schönes draus machen.
Ich stelle hier die Fragen…
Sorry, so funktioniert das leider nicht. Denn ganz egal, ob du nun selbst Texte über dein Unternehmen verfassen möchtest oder andere damit beauftragst: Wenn du keine Antworten auf ein paar zentrale Fragen geben kannst oder dir nicht die Zeit dafür nimmst, sie dem Texter oder der Texterin so gut es geht zu beantworten, dann wird das ein Stochern im Nebel. Ohne gutes Text-Briefing keine guten Texte. Mach dir selbst klar, was du für wen mit welchem Ziel schreiben oder schreiben lassen willst.
Verbunden mit der Frage, welche Art von Text du benötigst – eine Pressemitteilung für die Lokalzeitung oder das Fachmagazin, einen Brief an alle Mitarbeitenden, Texte für deine Homepage oder für die firmeneigenen Social-Media-Kanäle – ist die Frage nach der Zielgruppe: Für wen schreibst du? Für Kundinnen und Kunden? Die Kollegen? Lieferanten? Für ein Fachpublikum oder interessierte Bürgerinnen und Bürger, die deine Pressemitteilung möglichst unverändert in der Lokalpresse lesen sollen? Je nach Zielgruppe gibt es unterschiedliche Voraussetzungen, mit denen deine Leserinnen und Leser deinem Text begegnen – wer deine Branche kennt und zum Beispiel ein Fachmagazin liest, dem darfst du selbstverständlich branchenspezifisches Vokabular zumuten, während Fachfremde vermutlich schnell aussteigen, wenn der Text vor Fachvokabular nur so strotzt.
Hast du deine Zielgruppe definiert, schließt sich die Frage nach dem Ziel des Textes an: Was möchtest du mit dem Text erreichen? Möchtest du:
- bei Problemen Lösungen bieten, jemandem vielleicht das Leben bzw. die Arbeit leichter machen?
- motivieren, mitreißen, begeistern?
- Informationen weitergeben, Wissen vermitteln?
- Teamgeist beschwören?
- Probleme ansprechen?
Je nach Textart, Zielgruppe und Ziel des Textes musst du dir im nächsten Schritt Gedanken über die Tonalität deines Textes machen:
- Du oder Sie bzw. ihr oder Sie?
- sachlich und neutral, im Mittelpunkt steht die Information
- locker und lustig
- emotional – darf es „menscheln“?
- einfache Sprache, Texte „für die breite Masse“ oder Fachsprache?
…aber ohne euch ist alles doof
Natürlich ist es die Aufgabe eines guten Texters bzw. einer guten Texterin, dir die Unterschiede in der Textwirkung deutlich zu machen, wenn du deine Leser zum Beispiel duzt oder siezt. Vielleicht ist es ja tatsächlich sinnvoll, auf deiner Homepage einen anderen Ton einzuschlagen als auf deinem Instagram-Account. Wichtig ist, dass dir die verschiedenen Herangehensweisen zumindest bewusst sind. Und: Niemand kennt deine Produkte und Dienstleistungen und, damit verbunden, deine potenziellen Leserinnen und Leser so gut wie du selbst. Dein Wissen trägt entscheidend dazu bei, dass es ein guter Text wird, der die gewünschte Wirkung zeigt.
Ein gutes Text-Briefing fragt noch sehr viel mehr Parameter ab – hier könnt ihr euch meinen Fragebogen herunterladen um zu sehen, welche Informationen ich vorab von meinen Kundinnen und Kunden erfrage. Dabei ist der erste Teil natürlich vor allem für die Unternehmen relevant, mit denen ich zum ersten Mal zusammenarbeite. Je nach gewünschtem Text ergeben sich natürlich über den Fragebogen hinaus noch Fragen – das klären wir dann im persönlichen Gespräch.
Ein zentraler Punkt soll hier noch ausführlich beleuchtet werden: Kein Content ohne Content. Wenn es um den Inhalt eures Textes geht, müsst ihr mitmachen – ich kann nicht zaubern. Aus wenig oder nichts kann ich nichts Gutes machen. Und für einen nichtssagenden Text voller hohler Phrasen und Allgemeinplätze möchtet ihr vermutlich kein Geld ausgeben. Versteht mich nicht falsch: Selbstverständlich kann ich einen Blogartikel zum Thema „Nachhaltigkeit von Campingtoiletten“ verfassen, wenn ich Informationen zur Zielgruppe, zum Ziel des Textes und zum gewünschten Umfang erhalte (und angemessen viel Zeit zur Recherche). Aber um auf mein Eingangsbeispiel zurückzukommen: Für einen motivierenden Text, der auf Erfolge zurückblickt und viel Gutes in Aussicht stellt, brauche ich Futter. Ihr wisst viel besser als ich, welche Vorteile der neue HurraXY 6000 bietet, welche Innovation der YayBLABLA 700 auf dem Markt darstellt und mit welchen Möglichkeiten der Mitgestaltung eure Mitarbeitenden im neuen Jahr rechnen können. Das Formulieren, die Architektur des Textes, den Ton zu treffen und die gewünschte Stimmung zu erzeugen, das ist dann meine Aufgabe, und die übernehme ich immer wieder gern. Aber ohne euch ist (fast) alles Mist. Wenn ich nochmal nachfrage und um mehr Informationen bitte, dann deshalb, weil ich den bestmöglichen Text für euch rausholen möchte. Seht es mir nach. Das ist mein Job.
Liebe Grüße
Christina