Aus dem Bauch heraus: Kommunikation und Schwangerschaft
Nach einem in großen Teilen gelungenen Experiment in Sachen Verdopplung (ich mag da aber auch parteiisch sein), das ich und mein Mann uns vor rund drei Jahren zunächst in die Wiege legten und dann schrittweise auf die Beine stellten, haben wir uns nun dazu hinreißen lassen den ganzen Wahnsinn inklusive schlafloser Nächte noch einmal über uns hereinbrechen zu lassen. In einigen Wochen werden wir also zu viert sein, und ich freue mich schon sehr darauf. Allerdings: Mit zunehmendem Bauchumfang wundere ich mich wieder über viele meiner Gesprächspartner…
Schweigen ist Gold
Es gibt eine goldene Regel: Gratulieren Sie niemals, wirklich niemals, niemals einer Frau zum baldigen Nachwuchs, wenn Sie sich nicht wirklich 100-prozentig sicher sind, dass sie tatsächlich schwanger ist. Tun Sie es nicht. Manchmal hat man nämlich einfach nur in einem Monat der Schwäche zu viel Rahm-Mandel-Schokolade gefuttert. Ersparen Sie sich und Ihrem Gegenüber bitte diesen peinlichen Moment der Stille. Er kann sich anfühlen wie eine Ewigkeit. Ich spreche da aus Erfahrung.
Schweigen ist Gold II
Wenn Sie nicht gerade der Erzeuger des Wesens im Bauch sind oder sonst irgendwie emotional involviert: Sprechen Sie nicht mit dem Unterleib einer Frau. Er wird nicht antworten. Die Bauchbesitzerin hingegen wird mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit irritiert bis genervt reagieren. Denn trotz voranschreitender Schwangerschaft ist sie auch weiterhin erster Ansprechpartner für alle ihre Körperabschnitte. Da sind Frauen sehr eigen.
Schweigen ist Gold III
Natürlich ist die Frage unter guten Freunden erlaubt: „Möchtet ihr eigentlich Kinder haben?“ Oder auch: „Hättet ihr gerne noch ein zweites/drittes/viertes?“ Ansonsten ist dieses Thema meiner Meinung nach eindeutig nicht dazu geeignet, um Smalltalk zu betreiben. Kinderlosigkeit kann so viele Gründe haben – sie kann selbstgewählt sein, aber eben auch auf Erkrankungen zurückzuführen sein oder auf emotionale Belastungen. Und das möchte wohl niemand in der breiten Öffentlichkeit diskutieren. Dennoch reißen erstaunlicherweise die Fragen auch dann nicht ab, wenn man gerade erst ein Kind geboren hat.
10 Euro ins Phrasenschwein
„Hallo ihr zwei!“ oder auch „Na du Kugel!“ – ja, ich weiß, ich bin schwanger, aber meine Güte: Ansonsten ist ja auch ne Menge los bei mir. Können wir nicht mal über etwas anderes sprechen, muss das Baby schon bei der Begrüßung im Mittelpunkt stehen? Wird es ja früh genug, also konzentrieren wir uns doch so lange es geht auf mich 😉 Ach so: „Macht’s gut, ihr beiden!“ nervt auch. Sorry.
„Und wie machst du das dann mit der Arbeit?“
Mir ist auch klar, dass – bei aller Gleichberechtigung – ein Mann nun einmal nicht gebären und stillen kann. Den Part übernehme dann also wieder ich, und ja: Das bedeutet zunächst erheblich weniger Arbeitszeit für mich. Das ist mehr als okay, ich freue mich auf die Zeit mit meinem Kind. Aber die Frage nach dem Job wird ja grundsätzlich nur uns Frauen gestellt, bei meinem Mann kommt kaum jemand auf die Idee mal nachzuhaken, wie das zukünftig mit Familie und Beruf funktionieren wird. Das ärgert mich. Und: Meine Antwort auf diese Frage stößt regelmäßig auf so viel Missbilligung, dass ich mich wundern muss. Ich möchte nämlich so früh wie möglich wieder arbeiten. Nicht nur, weil ich als Selbstständige auch Kunden und einen Fuß in der Tür (be-)halten will, sondern auch, weil mir mein Job Spaß macht und mir Bestätigung auf einer Ebene bringt, die meine Rolle als Mutter nicht bietet. Ich bin mehr als die Mutter meiner Kinder. Und ich habe mehr als genug damit zu tun herauszufinden, wie ich meine Bedürfnisse mit denen meiner Lieben ansatzweise in Einklang bringen kann – und ein schlechtes Gewissen habe ich auch ganz alleine, weil ich manchmal lieber acht Stunden durchkorrigieren möchte als noch ein einziges Mal mit dem Drehleiterfahrzeug über den verfluchten Autoteppich zu rutschen.
Lange Rede, kurzer Sinn: Die Frage nach dem Job ist absolut legitim – aber stellt sie doch bitte auch den Vätern. Und: Lernt, mit der Antwort zu leben. Unabhängig davon, ob jemand für die Kinder jahrelang ganz zuhause bleiben möchte oder aber zügig zurück in den Job will. Ihr müsst es ja nicht genauso machen – aber akzeptieren, dass es viele verschiedene Lebensmodelle gibt, die eine Familie glücklich machen.
Bildquellen
- speaker-1305530_1920: Bild von Philip Walker auf Pixabay